von Johannes Dörrenbächer, Sozialarbeiter bei fiftyfifty und Projektkoordinator des Projekts „Straßenleben“
fiftyfifty ist in vielen Städten vor allem durch die gleichnamige Zeitung bekannt. Das Straßenmagazin verkaufen vor allem Menschen, die wohnungslos oder von materieller Armut betroffen sind. Die Idee von fiftyfifty scheint einfach: wie der Namen schon sagt, gehen fünfzig Prozent des Kaufpreises an den_die Verkäufer_in und fünfzig Prozent sind für die Produktion der Zeitung notwendig. Dabei bietet fiftyfifty eine menschenwürdige Alternative zum Betteln. Denn im Gegensatz zum Betteln erhält der oder die Geldgebende lesenswerte Inhalte. An diesen Inhalten sind monatlich etwa 40.000 Menschen interessiert. Zu Lesen ist in einer fiftyfifty ganz Unterschiedliches, das geht von sozialpolitischen Themen bis hin zu Interviews mit den Toten Hosen, Papst Franziskus, Sonderausgaben mit Kochrezepten und vielem mehr. Das Angebot von fiftyfifty beinhaltet aber noch weit mehr. Die Organisation bietet eine professionelle sozial Beratung an. In einer offenen Sprechstunde können Personen in die Räumlichkeiten kommen. Von sechs Sozialarbeiter_innen erhalten sie dann Unterstützung bei behördlichen Problemen. Hier und bei den Streetworkgängen wird der Kontakt zu den Verkäufer_innen gehalten. Große Teile dieser Arbeit werden durch den Verkauf von hochwertiger und bekannter Kunst finanziert. Dieses Konzept aus Kunstverkauf und Sozialer Arbeit ermöglicht auch die politische Einflussnahme, da fiftyfifty finanziell „unabhängiger“ ist. So engagiert sich fiftyfifty auch in verschiedenen Arbeitskreisen und politischen Initiativen, setzt sich für bezahlbaren Wohnraum oder das Sozialticket für den öffentlichen Nahverkehr ein. Darüber hinaus existieren weitere
innovative Projekte, wie z.B. underdog, ein Projekt bei dem sich medizinisch um die „Haustiere“ von wohnungslosen und armen Menschen gekümmert wird und so über die Tiere auch Menschen erreicht werden, die unsere Beratungsstelle sonst nicht aufsuchen würden oder wie eastwest, ein Projekt, dass sein Angebot vor allem an EU-Bürger_innen aus Osteuropa richtet, aber auch der gutenachtbus, der meist am späteren Abend eine mobile Hilfe für obdachlose Menschen bereitstellt. Seit 2017 setzt fiftyfifty außerdem das Erfolgsprojekt „Housing first“ aus den USA um. Dabei werden Wohnungen oder Häuser gekauft und direkt an wohnungslose Menschen vermietet. Anders als in den meisten Einrichtungen der Wohnungslosenhilfe müssen die Bewohner_innen hier nicht erst beweisen, dass sie „wohnfähig“ sind bevor sie einen Mietvertrag erhalten.