von Ralf Brunner, Projektkoordinator von Straßenleben
Jede_r, die_der in Düsseldorf öfter unterwegs ist, hat sie bestimmt schon einmal gesehen: die Frauen und Männer in blauer Uniform, der OSD. Laut eigenem Verständnis soll der OSD dazu dienen „das subjektive Sicherheitsgefühl der Düsseldorfer“ zu erhöhen. Aller Düsseldorfer_innen? Aus Sicht der Menschen, die ihren Lebensmittelpunkt auf der Straße haben, hat der OSD eher die Funktion eines „ObdachlosenSchikanierDienstes“, wie einige wohnungslose Menschen ihn selbst nennen. Dieser richtet sich unter anderem nach der Düsseldorfer Straßenordnung, setzt diese durch und baut so neben den Herausforderungen denen sich wohnungslose Menschen sowieso täglich stellen müssen eine weitere Hürde auf.
Bei der besagten Straßenordnung sind insbesondere die Paragraphen 3 und 6 zu kritisieren, sowie deren Auslegung durch den OSD. Diese Paragraphen zielen ganz besonders auf die Kontrolle und Maßregelung von wohnungslosen Personen ab und bieten dem OSD großen Spielraum gegen wohnungslose Mensch vorzugehen.
Der § 3 untersagt unter anderem „das Benutzen der [ÖPNV] Anlagen als Ruhe-, Spiel- oder Lagerplatz, sofern nicht ausdrücklich erlaubt, sowie den Genuss von Alkohol oder anderen berauschenden Mitteln“. Des Öfteren wurde dieser Paragraph durch das Ordnungsamt genutzt, um wohnungslosen Menschen Bußgelder aufzuerlegen, selbst wenn diese einfach nur auf die nächste Bahn warteten oder sich an einer Bushalte stelle ausruhten. Auch ist eine Ungleichbehandlung zu beobachten: sitzt Otto-Normal-Bürger_in mit der Flasche Bier an der Haltestelle, läuft er_sie eher nicht Gefahr, durch den OSD verwarnt zu werden. Bei einem Fußballspiel und auch an vielen Wochenenden ist es ganz normal, dass Menschen an Haltestellen Alkohol trinken. Sie werden nicht einmal verwarnt. Entspricht das Aussehen der Person mit der Flasche in der Hand allerdings den Vorstellungen des OSDs von einem Wohnungslosen, erfolgt gerne die Verhängung eines Bußgeldes. Wie sich an diesen Beispielen schon erahnen lässt, ist dieser Paragraph in seiner Anwendung reine Auslegungssache im Ermessen der kontrollierenden Person.
Ebenso sieht es beim § 6 der Düsseldorfer Straßenordnung aus, durch den beispielsweise „aggressives Betteln, Lagern in Personengruppen oder Störungen in Verbindung mit Alkoholgenuss“ verboten werden. Hier wurde ebenfalls wieder eine wachsweiche Formulierung gewählt, um den OSD-Mitarbeiter_innen möglichst viel Freiraum bei der Verhängung von Platzverweisen und Bußgeldern zu verschaffen. Denn was ist zum Beispiel aggressives Betteln? Wo beginnt das aggressive Verhalten und wo hört es auf? Die Erfahrung zeigt, dass schon Kleinigkeiten dazu führen, dass wohnungslose oder bettelnde Menschen einen Platzverweis erhalten. Auch hier liegt die Auslegung bei den kontrollierenden Personen. Tatsächlich ist es so, dass das Strafgesetzbuch bereits genügend Möglichkeiten bietet, um tatsächlich gegen aggressive Menschen vorzugehen. Einen gesonderten Paragraphen, der sich augenscheinlich nur gegen wohnungslose Menschen richtet braucht es nicht.
Auch einige andere Punkte dieses Paragraphen sind bei näherer Betrachtung zweischneidig: wenn der OSD die Straßenordnung ernst nähme, könnte alleine mit dem Verbot des Lagerns in Personengruppen und der Störungen in Verbindung mit Alkoholgenuss an manchen Tagen die halbe Düsseldorfer Altstadt mit Bußgeldern versehen werden. Im Alltag sind aber eher nicht die zahlenden Besucher_innen der Altstadt von Maßnahmen des OSD betroffen, sondern in der Hauptsache Menschen, die für die Mitarbeiter_innen des OSD nicht ins Bild einer reichen Stadt passen. Diesen drohen zwar nicht immer Bußgelder, aber auch die ausgesprochenen Platzverweise lassen wohnungslose Menschen spüren, dass sie von den Mitarbeiter_innen der Stadt als nicht erwünscht angesehen werden.
Ab gesehen von unseren Erfahrungen ist es fraglich, ob diese Teile der Düsseldorfer Straßenordnung überhaupt rechtskonform sind. Laut eines Rechtsgutachtens ist dies fraglich. Laut der fachlichen Meinung des Gutachters werden einige Teile der besagten Paragraphen durch vorrangige Gesetze, wie beispielsweise durch das Grundgesetz, in ihrer Gültigkeit ausgehebelt. Wir als Straßenmagazin fiftyfifty setzen uns aus den vorgenannten Gründen vehement dafür ein, dass die §§ 3 und 6 der Düsseldorfer Straßenordnung ersatzlos gestrichen werden.